Gärten, Landschaft und Kultur in der Provence und an der Côte d’Azur

… lautete das Thema meiner ersten diesjährigen Gartenreise, die ich zusammen mit Nicola Hahn organisiert und durchgeführt habe.

der Papstpalast in Avignon

Vom 21. bis zum 28. Mai 2022 ging es also in den Süden Frankreichs. Startpunkt war die historische Papststadt Avignon, in deren Umgebung wir uns zunächst einmal mit den Besonderheiten des Bodens in der Haute Provence vertraut machten. Das bedeutete in diesem Falle einen Besuch der Ockerminen von Bruoux, wurde dieses Erdpigment dort doch seit dem 19. Jahrhundert für Anstriche, Malfarben und andere Verwendungszwecke abgebaut und prägte mit seinen Farbschattierungen den Anblick vieler provencalischer Dörfer. Auf der kurzweiligen Führung durch die Minen lernten wir vieles, so z. B. dass in den Minen Linkshänder besser bezahlt wurden als Rechtshänder, da sie in der Minderzahl waren, für das Vorantreiben der Stollen aber unabdingbar.

Eingang zu den Ockerminen

Der zweite Farbton neben dem Rotbraun des Ockers, der wohl jedem beim Gedanken an die Provence in den Sinn kommt, ist das Violett des Lavendels. Also durfte der Besuch einer Lavendeldestillerie nicht fehlen, auch wenn die Felder zum Zeitpunkt unserer Reise noch nicht blühten und uns die Technik des Destillierens daher nur theoretisch erklärt werden konnte. Auch hier gab es eine Menge zu lernen über unterschiedliche Lavendelarten und -sorten und ihre jeweilige Verwendung.

Hofeinfahrt in Lourmain

Zur Mittagspause bot sich an diesem Tag das pittoreske Dörfchen Lourmarin an.

Erläuterungen zum Lavendelanbau

Zum Abschluss des ersten Tages besuchten wir den Privatgarten Pavillon de Galon von Guy Hervais, der international als Gartendesigner tätig ist. Sein Garten überzeugte durch das vorherrschende Blau und die sanften Formen der Hecken und Formgehölze, die die Farben und Formen der umliegenden Hügel der Haute Provence aufnahmen. Über 300 Jahre alte Platanen am Haus sorgten zusammen mit dem gereichten Aperitif für eine unnachahmliche Atmosphäre dieses sehr individuellen Gartens.

Aperitif im Pavillon de Galon

Unser nächster Besuch am folgenden Tag galt dem Weingut Val Joanis, das neben ausgedehnten Rebflächen auch über einen typisch französischen Potager verfügt, der sich in perfektem Pflegezustand präsentierte. Neben Formschnittgehölzen, Spalierobst und Gemüse waren es hier auch die vielfältigen Beetbegrenzungen und Hecken, die Inspiration für den eigenen Garten zu Hause boten.

klare Formen im Garten Val Joanis

Nach einer Mittagspause im durch die vielen Studenten ausgesprochen lebendigen Aix-en-Provence empfing uns am Nachmittag Madame Darlington-Duval in der Domaine d’Orvés. Hier bekamen wir nicht nur die intimistischen Bilder ihres Vaters zu sehen, sondern auch eine Führung durch den ausgedehnten Garten, der eine Vielzahl seltener Gehölze aufweist. Auf der Terrasse beschlossen wir unseren Besuch mit einem Aperitif und genossen die entspannte Atmosphäre im Schatten der hochen Bäume.

Domaine d’Orvés

Der folgende Tag war (fast) ganz dem Thema ‚Düfte‘ gewidmet. Am Morgen besuchten wir den Garten des Parfümeriemuseums in der Nähe der Parfümstadt Grasse. Hier wurden uns auf einer Führung verschiedene Duftpflanzen präsentiert, deren ätherische Öle als Grundlage für die Parfümproduktion dienen.

im Garten des Parfümeriemuseums

Über Mittag statteten wir der Ölmühle von Opio einen Besuch ab und ließen uns in die Geheimnisse der Pressung von Olivenöl einweihen. Abgerundet wurde dieser Besuch mit der Verkostung verschiedener Öle, Oliven und Tapenaden.

in der Ölmühle von Opio

Am Nachmittag waren wir dann in der Bastide Isnard zu Gast. Die Familie Isnard ist bereits seit ca. 1000 Jahren in der Region Grasse ansässig und heute eine der letzten, die auf ganz traditionelle Weise Öle unterschiedlichster Duftpflanzen destilliert und daraus Parfüms herstellt. Nach einer Führung zu den Zentifolien, dem Jasmin, den Pomeranzen (Bigaradier) und anderen Duftpflanzen wurden uns die Parfümkreationen des Hauses Isnard vorgestellt.

M. Isnard neben dem Destillierapparat

Am Folgetag stand mit der Villa Fort France wieder ein privater Garten auf unserem Besuchsprogramm. Heute im Besitz der Malerin Valerie de Courcel, die uns kenntnisreich durch ihren Garten führte, wurde dieser ursprünglich von Lady Fortescue angelegt, die durch ihren Roman ‚Perfume of Provence‘ bekannt geworden ist. Im Garten von Fort France sind die Terrassen, die für die Olivenkultur in der Provence so charakteristisch sind, heute mit einer Vielzahl interessanter Pflanzen bestanden.

die Villa Fort France

Von hier aus ging es nach Cannes, wo wir die Fähre zur Île Saint-Honorat bestiegen. Die Insel befindet sich im Privatbesitz der Mönche einer Zisterzienserkongregation, die hier ausgedehnte Rebflächen kultivieren. Das bot uns die Gelegenheit zu einer Verkostung der Weine, die hier von den Mönchen nach Richtlinien des biologischen Landbaus hergestellt werden. Bevor uns das Schiff zurück nach Cannes brachte, hatten wir noch Gelegenheit, diese stille und dem Alltag entrückte Insel bei einem Spaziergang zu erkunden.

die Abtei Saint Honorat

An unserem fünften Tag in der Provence war die kurz vor der italienischen Grenze gelegene Stadt Menton unser Ziel. In der Citronneraie kultiviert François Mazet die echte Zitrone von Menton, eine Zitronensorte mit besonderen Geschmacks- und Geruchseigeneschaften, die von Sternenköchen nachgefragt wird.

in der Citronneraie wachsen nicht nur Zitronen

Menton selbst mit seiner Markthalle aus der Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert präsentierte sich sehr gepflegt und mit seinen zahlreichen Lokalen ausgesprochen angenehm für eine Mittagspause.

Menton wirkt schon sehr italienisch

So nahe an der italienischen Grenze wäre es schade gewesen, nicht den Sprung nach Italien zu machen und im nahe gelegenen Ventimiglia die Botanischen Gärten Hanbury zu besuchen, wo Pflanzen aus tropischen und subtropischen Regionen der ganzen Welt kultiviert werden.

in den Botanischen Gärten Hanbury herrscht ein subtropisches Klima

An unserem letzten Reisetag an der Côte d’Azur ging es noch einmal nach Menton. Dort war der Garten La Serre de la Madone von Major Lawrence Johnston, dem Schöpfer von Hidcote Manor Gardens in den Cotswolds, unser Ziel. Auch in diesem Garten rund um ein provenzalisches Landhaus, eine Bastide, die Johnston zunächst im Winterhalbjahr nutzte, bis er in den er sich in den letzten Jahren seines Lebens sein ausschließlicher Wohnsitz wurde, sind, ebenso wie in Hidcote Manor, die charakteristischen Merkmale der Arts & Crafts-Bewegung zu erkennen.

die Bastide von Serre de la Madone

Bevor es dann zu unserem Hotel nach Aix-en-Provence ging, bildete der Besuch der Villa Ephrussi den krönenden Abschluss unseres Besuchsprogramms. Nach einem Mittagessen im Speisesaal konnte die Villa selbst und die von der Baronin Béatrice de Rothschild hier zusammengetragenen Kunstschätze bewundert werden, bevor es in den Garten ging, wo zahlreiche Themengärten auf uns warteten, welche die kunstsinnige Baronin hier auf einer schmalen Landzunge mit wunderbarem Blick auf das Meer anlegen ließ.

Rosa war die Lieblingsfarbe der Baronin Rothschild

In Aix-en-Provence konnten wir unser Abendessen bei angenehmen sommerlichen Temperaturen im Garten des Hotels genießen, bevor es am nächsten Tag mit dem Zug wieder gen Norden ging, wo uns dank der Schafskälte ganz andere Temperaturen erwarteten.